Gedankenverloren wühlte Claire den Kies des Seeufers mit dem Fuß auf. Sie hatte den See immer gemocht und im Gegensatz zu anderen nur wenig Angst verspürt wenn sie sich hier aufhielt. Das Wasser hatte für sie nie eine große Gefahr dagestellt, sie konnte ja schwimmen.
Wie jedes Jahr stellte sie sich die Frage, ob sie nun froh war, wieder hier zu sein, oder lieber zu Hause bei ihren Eltern. Die Antwort war immer die gleiche. Das Quidditch-Training, das Zusammensein mit ihren Freunden und die Entfernung zu ihren Eltern, die sie stets im Auge behielten, machten den Unterrichtsstress um Längen wett. Claire liebt ihre Eltern zwar, aber manchmal waren sie echte Kontrollfreaks und das konnte wirklich anstrengend sein, vor allem wenn man als Einzelkind das einzige Kind war, auf das die Eltern aufpassen mussten.
Ihre Finger tasteten nach ihrem Zauberstab. Das war eine schlechte Angewohnheit, aber immer wenn ihr langweilig wurde fing sie an irgendwelche ungefährlichen Zauber auf ihre Umwelt anzuwenden. Allerdings konnte es ja nicht schaden, nach den Sommerferien ein paar Zauber anzuwenden, um vor Beginn des Unterrichts wieder in Übung zu kommen.
Mit dem Fuß grub sie eine einigermaßen ebene Fläche im Kies frei und legte einen einzelnen Stein darauf.
"Geminio", sie sprach die Worte leise, aber es wirkte. Eine exakte Kopie des Steines entstand und entlockte Claire ein kleines Lächeln.

Noelle war genervt - wie fast immer. Ihre Ferien waren zwar schön gewesen aber trotzdem irgendwie der Horror. Allein schon der Gedanke daran, dass ihre Eltern sie Zwangsverlobt hatten, lies die junge Slytherin würgen. Woher nahmen ihre Eltern das Recht ihr vorzuschreiben, was sie zu tun hatte?! Es war eine Zumutung. Klar, der Typ sah nicht schlecht aus - aber Noe' liebte ihn nicht und würde ihn auch niemals lieben. Je mehr sie darüber nachdachte, dass ihre Eltern ihr Leben bestimmten, destso wütender wurde sie. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt, als sie das Ufer des schwarzen See's entlangschritt. Sie hoffte schon inständig, dass sie Savana nicht begegnen würde - klar S' war ihre beste Freundin aber.. sie konnte auch so richtig nerven und Noe' hatte grade echt keine Lust auf ihre beste Freundin.
Ihre Augen huschten über das Ufer und zum Glück sah sie keine Savana. Dafür aber Claire oder zumindest hoffte sie, es wäre Claire. Immerhin war die gute ca. 500m von ihr entfernt und guckte auf den Boden, wo sie irgendwas zauberte. Noe' kam der blonden Gestalt immer näher und als sie dann 6m vor der blonden stand, bestätigte sich ihre Hoffnung. Es war wirklich Claire, die da irgendwas zauberte. "Claire..? Heey!" sagte Noe' mit sichtlicher Erleichterung.
Noelle setzte sich auf den Boden und kleine Kiessteinchen pieksten ihr in die Hände, was die brünette aber nicht zu stören schien. Ein Lächeln breitet sich auf ihren Lippen aus und sie sah Claire an. "Wie waren deine Ferien?" fragte sie interessiert.

Claire ließ sich neben Noelle fallen und fing an mit dem Zauberstab im Kies herumzustochern.
"Ganz okay, aber eigentlich ziemlich langweilig. Meine Eltern arbeiten die ganze Zeit und ich hatte nichts besseres zu tun, als zu Hause rumzuhocken und zu warten, dass die Schule wieder anfängt", sie strich sich eine blonde Haarlocke aus dem Gesicht und starrte auf das tiefe Wasser, "Und bei dir?"
Noelles Gesellschaft tat gut, sie war nicht aufdringlich und sie kannten sich schon lange, auch wenn Noelle inzwischen im Jahrgang über ihr war, weil Claire einmal sitzen geblieben war. Mitlerweile bereute sie, dass sie sich damals so wenig aufs lernen konzentriert hatte und deswegen ein weiteres Jahr Schule hatte einbüßen müssen.
Der Kies rundum den Zauberstab war inzwischen unabsichtlich zu feinem grauen Pulver verarbeitet, weshalb Claire ihn dann doch lieber wieder wegsteckte und stattdessen anfing an ihren Schnüsenkeln zu zupfen.
Zum Glück war es ein warmer Tag und der Boden war nicht so kalt, dass sie sich eine Blasenenzündung hätten holen können.

Noelle musste grinsen, als ihr Claire sagt, dass ihre Ferien langweilig waren und seufzte. "Und bei dir?" hatte Claire gefragt. Noe' sah Claire an. Sollte sie es ihr sagen? Sie überlegte nur kurz, immerhin vertraute sie der blonden Slytherin und was wäre schon so schlimm daran, wenn sie es ihr sagte? "Eigentlich waren meine Ferien total beschissen. Sie fingen gut an aber die letzte Woche.. Nein danke! Erst sind wir nach Deutschland geflogen.. War eigentlich voll interessant - shopping und so. Danach sind wir nach Spanien auf so ne kleine Insel für den Rest der Ferien und rate mal, was ich in der letzten Ferienwoche für nen Schock erlebt habe?!" Noelle sah ihre Freundin an und kniff die Augen zu Schlitzen, als sie sich an die Szene erinnerte. "Meine Eltern haben mich doch tatsächlich Zwangsverlobt. Mit irgendso einem Typen aus Durmstang. Erinnerst du dich noch? Als das Trimagische Tunier war? Mit so nem Vollpfosten haben die mich verlobt! Weisst du, wie ich ausgerastet bin? Das können die doch nicht mit mir machen! Oder?!" Noelle klang leicht hysterisch und sah Claire panisch an. Ihre Finger krallten sich in den warmen Kies und sie biss sich auf die Lippe. Nachdem ein paar Sekunden verstrichen waren, beruhigte Noelle sich wieder und zupfte an den Schnürsenkeln ihrer Doc Martens rum. Sie musterte die dunkelgrauen, fast schwarzen Schuhe und strich dann über die Blümchen. Sie waren neu. Noelle hatte sie erst anfang der Schulzeit wieder bekommen.. Also waren sie wirklich total neu. Sie sah Claire an. "Hilfst du mir? Ich will den nicht heiraten."

Der Schock stand Claire deutlich ins Gesicht geschrieben. Ihre Eltern hätten so etwas nie getan, aber das sagte sie nicht laut.
"Wie bitte?", war das erste, was die Blondine stockend herausbrachte. Es klang total dämlich, sie hatte sich keineswegs verhört. Zwangsverlobt. Einen Typen heiraten, den sie nichtmal richtig kannte. Claire stellte sich das schrecklich vor und für die arme Noelle war das Realität.
Dann wurde sie wütend. Das konnten sie doch nicht machen. Sie lebten im 20. Jahrhundert und nicht mehr im Mittelalter, inzwischen gab es Rechte für Frauen und sie waren mehr als Spielzeuge.
"Natürlich helfe ich dir! Worauf du dich verlassen kannst. Das können sie einfach nicht machen!", um ihrer Wut Luft zu machen, nahm sie den nächstbesten Stein und schleuderte ihn in den See.
Dort wo der Stein auf das Wasser klatschte und danach in den tiefen des Sees verschwand bildeten sich die üblichen Wasserringe.
"Es geht einfach nicht. Das dürfen sie nicht machen", diesmal waren die Worte nur ein leises Flüstern, aber Claire konnte es einfach nicht fassen. So viel zum Thema Elternliebe.

Noelle zwang sich ein lächeln auf die Lippen. Claire war geschockt - genauso, wie sie selbst, als sie es erfahren hatte. "Natürlich helfe ich dir! Worauf du dich verlassen kannst. Das können sie einfach nicht machen!" hörte sie ihre Freundin sagen, während sie zusah, wie diese einen Stein nahm und ihn in den See schleuderte. Es war schon komisch, wie sehr sie Claire auf einmal vertraute. Irgendwie mochte sie Claire total. Aber nicht auf diese Art, wie man seine beste Freundin mochte. Das war anders - es war neu für Noe. "Und was machen wir, um diese Heirat zu verhindern?" Noelle sah Claire an und piekste sie in die Seite. "Weisst du, dass Problem ist halt.." Sie hielt zur inne und seufzte dann leise. "Sie werden es einfach machen, so wie sie alles einfach machen. Haben sie einmal eine Entscheidung getroffen behalten sie die auch. Das war schon immer so. Ich hoffe wirklich, dass wir es schaffen, meine Eltern von dieser dummen Idee abzubringen. Das ist doch totaler Schwachsinn - oder?!" Je mehr Noelle darüber nachdachte, wie ungerecht ihr Leben doch war, desto wütender und verletzter wurde sie. Eine einzelne Träne rann ihr über die Wange und sie könnte sich fast schon dafür Ohrfeigen. Bis jetzt hatte sie nichtmal vor Savanna Schwäche gezeigt - und diese war immerhin ihre beste Freundin. Vorsichtig kuschelte sich Noelle an Claire. Jetzt wars so oder so zu spät. Claire wusste mehr als jeder andere hier aus Hogwarts und so legte Noe' ihren Kopf auf die Schulter ihrer blonden Freundin "Warum ist alles immer so schwer?" flüsterte Noelle fragend.